Wurzener Verein will früheren Herrensitz Nitzschka für symbolischen Preis /
Nutzungskonzept: Arbeiten, lernen und erleben

Bald jugendliches Leben in einem alten Rittergut?

Nitzschka. Die Überreste des Rittergutes bröckeln vor sich hin. Wenn es nach dem Willen von Annelies Friedrich und ihres Vereins zur Förderung umweltbewußten und sozialen Handelns e. V. Wurzen ginge, könnte das marode Gemäuer sich bald in neuem Glanz präsentieren. Denn der Verein, der sich bereits im früheren Gasthof Nitzschka um schwer vermittelbare Jugendliche kümmerte, hat eine weitere Projektidee: Das alte Rittergut könnte zu einer Wirkungsstätte für Behinderte und Rehabilitanden werden. Voraussetzung, so Vereinsvorsitzende Annelies Friedrich, sei der Kauf des Grundstücks. „Noch hat die Treuhand die Hand drauf, doch gelang. es ihr seit Jahren nicht, mit den kaputten Gemäuer auch noch Geld zu machen. Wir wollen und können da Rittergut auch nur für eine symbolische Mark erwerben, schließlich kostet uns dann die notwendige Sanierung noch mehr als genug. Aber dam wären die Gebäude auch vor den Verfall gerettet. "
„Arbeiten, lernen und erleben", ein Zuhause für schwer vermittelbarn Jugendliche bis 25/27 Jahre - das ist die Grundidee des Konzepts für da großräumige Objekt des Rittergut mit seinen Stallungen, Scheunen, Höfen und Freiflächen. „Wir denken daß etwa 60 Behinderte und Rehabilitanden ganztägig untergebracht wer den können, das ehemalige Gesinde haus bietet nach entsprechenden Umbau die Möglichkeiten dafür", sag Annelies Friedrich. Ebensoviele Stellen, zunächst, als ABM, sollen für Betreuungs-, Arbeits- und Lehrtätigkeiten geschaffen werden. „Damit wollen wir erreichen, daß die schwer vermittelbaren und behinderten Jugendlichen auf einen sicheren Weg in das Berufsleben geführt werden. Was die produktive Bildung und Arbeit betrifft, sieht das Konzept erste Schritte bei Holz- und Metallarbeiten ebenso vor wie im Bauhandwerk und in der Landschaftspflege.
„Wenn wir das Gebäude bekommen", so die Vereinschefin, „müssen wir natürlich eine Menge instandsetzen, um- und ausbauen. Im Obergeschoß finden die Wohnunterkünfte für die Lehrgangsteilnehmer ihren Platz, unten entstehen Unterrichts räume. Büros und Lehrkabinette. D bieten wir als gemeinnütziger Verein auch Ausbildungs- und Praktikumsplätze an. Besonders interessiert sind wir an einer Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer."
Das Vereinskonzept erschöpft sich nicht im Arbeitsbereich. Das Rittergut soll nicht nur das Dorfbild Nitzschkas verschönern - draußen laden gestaltete Freiflächen mit Pavillons zum Verweilen ein -, sondern auch zum Ausflugsziel für die Bürger der Region werden. Ideen gibt es dafür genug.
Alte Stallungen werden einen Streichel-Zoo beherbergen, in den unteren Räumlichkeiten des Hauptgebäudes kann ein kleines Heimatmuseum sein Domizil finden. Auch Schauwerkstätten für traditionsreiche Gewerke, beispielsweise Korbmacherei und Töpferei, sind vorgesehen.
Noch stehen diese und viele andere Ideen auf dem Papier. Doch der Verein hat bereits namhafte Verbündete gefunden, die mithelfen wollen, sie Realität werden zu lassen. Zu ihnen gehört auch die Bundestagsabgeordnete Angelika Pfeiffer, die sich vor Ort umsah und das Vereinskonzept mit seiner komplexen Zielstellung von Arbeiten, Lernen und Erleben nachdrücklich begrüßte.

Wulf Skaun
 
 

Mike Vierrath bei Aufräumungsarbeiten auf dem Rittergut.

Das ehemalige Gesindehaus des Rittergutes 
soll ein Zuhause für schwer vermittelbare Jugendliche werden.


 
 
 
 

LVZ Grimma 24. April 1997